Der Unschlittplatz in Nürnberg
„Beim Hieserlein“ – so hieß der Unschlittplatz im Mittelalter, der heute zu den bekanntesten und sehenswerten Plätzen der Nürnberger Altstadt gehört. Wer zum Unschlittplatz gelangen möchte, findet diesen südlich der Pegnitz zwischen dem Henkersteg bzw. der Maxbrücke und der Karl-Grillenberg-Straße. Da es sich bei dem Unschlittplatz um einen Platz mit historischen Gebäuden handelt, ist dieser auch eine Station der Historischen Meile von Nürnberg. Im Rahmen der Historischen Meile Nürnberg können alle, die sich die Nürnberger Altstadt selbstständig, also ohne Begleitung eines Fremdenführers, ansehen möchten, die bedeutenden sehenswerten Stationen – Gebäude und Plätze – erreichen.
Hintergrund
Der Nürnberger Unschlittplatz hat seinen Namen vom Unschlitthaus erhalten, welches sich an der Ostseite des Platzes befindet. Das Unschlitthaus wurde im 15. Jahrhundert durch die Stadt Nürnberg als Kornhaus errichtet. Ab dem Jahr 1562 war im Erdgeschoss des Hauses das Unschlittamt untergebracht. Dies war eine städtische Monopolbehörde, an die die Metzger das Abfallfett, also den vom Geschlachteten nicht genießbaren Teil, verkaufen mussten. Dieser Unschlitt hatte eine große Bedeutung, da mit diesem Rohstoff vor allem Wagenschmiere hergestellt und Talgkerzen produziert wurden.
Der heutige Unschlittplatz hatte im Laufe der Zeit unterschiedliche Namen erhalten. In reichsstädtischer Zeit wurde der Platz „Beim Hieserlein“ genannt. Was oder wer der Hieserlein konkret war, kann heute nur gemutmaßt werden. So ist eine mögliche Variante, dass es sich beim Hieserlein um das Wasserrieseln – der nahe gelegenen Pegnitz – handelte. Eine andere Erklärungsvariante ist, dass der Hieserlein die Abkürzung für Hiesel war, was der Männer-Vornamen Matthias bedeutete und der für einfältige Menschen als Bezeichnung herangezogen wurde. Später nannte man den Platz „Beim Goldenen Tischlein“, da sich hier das Wirtshaus mit diesem Namen befunden hatte. Danach trug der Platz die „Beim Unschlitthaus“. Ab dem Jahr 1809/10 wurde der Platz in „Unschlittmarkt“ umbenannt. Seinen heutigen Namen hat der Unschlittplatz seit dem Jahr 1870.
Die Gebäude am Unschlittplatz
Der Unschlittplatz besticht vor allem aufgrund seiner mittelalterlichen Bauten, die dem Platz ein unverwechselbares Erkennungsbild verleihen.
Das wohl bedeutendste Gebäude des Platzes ist das Unschlitthaus, welches aufmerksame Besucher auch aufgrund dessen Lage fasziniert. Denn das Haus wurde in die Grabenmauer hineingesetzt und setzt die ehemalige Stadtmauer am südlichen Pegnitzufer fort. An dem Haus befindet sich ein Wandbrunnen, der den Hieserlein – also den ersten Namensgeber des heutigen Unschlittplatzes – in Form einer bronzenen Gesichtsmaske darstellt. Bei der Maske handelt es sich allerdings um ein Duplikat, denn das Original befindet sich im Germanischen Nationalmuseum.
Wer erahnen möchte, wie der Unschlittplatz zur Zeit des Mittelalters ausgesehen hat, der sollte sich die Häuser mit der Nummer 8 bis 12 an der Westseite des Unschlittplatzes genauer ansehen. Dabei handelt es sich um fünf Häuser, die eigentlich im Jahr 1972 abgerissen werden sollten. Die Altstadtfreunde Nürnberg verhinderten allerdings erfolgreich, dass die Häuser, die den Zweiten Weltkrieg überstanden haben, dem Abriss zum Opfer fielen. Stattdessen wurden die Häuser in der Zeit von 1976 bis 1981 restauriert und das Fachwerk freigelegt.
Der Mittelpunkt des Unschlittplatzes ist mit Bäumen begrünt. Hier befindet auch seit dem Jahr 1959 der Dudelsackpfeifer-Brunnen. Allerdings handelt es sich bei dem Brunnen – wie auch bei der Gesichtsmaske des Hieserlein – um eine Kopie. Der originale Dudelsackpfeifer-Brunnen wurde schon im Jahr 1880 gegossen. Als Vorlage diente hierfür ein Holzmodell, welches etwa Mitte des 16. Jahrhunderts stammte.
Kasper Hauser
An der Hausecke des Hauses mit der Nummer 8 informiert ein an der Wand angebrachtes Schild die Passanten, dass an dieser Stelle am 26.05.1828 erstmals Kasper Hauser gesehen und von Georg Leonhard Weickmann angesprochen wurde. Im Zusammenhang mit Kaspar Hauser ist auch heute noch wenig bekannt. Noch heute hat man keine genauen Erkenntnisse darüber, wo der Unbekannte herkam und welches Schicksal mit ihm verbunden ist. In Ansbach wurde Kaspar Hauser gewaltsam getötet. Heute wie damals beschäftigten sich zahlreiche Menschen mit Kaspar Hauser, was zu umfangreichen Forschungen und literarischen Bearbeitungen geführt hat. Durch das Erscheinen von Kaspar Hauser hatte der Unschlittplatz damals überregionale Bekanntheit erlangt.
Doch nicht nur die Tafel an Haus 8 erinnert an das Erscheinen Kaspar Hausers am Unschlittplatz. Von der Künstlerin Sabine Richter wurde in das Straßenpflaster des Unschlittplatzes ein zwölf Meter langer Metallstreifen eingelassen. In diesem Metallstreifen wurde vom polnischen Lyriker Ryszard Krynickik ein Gedicht über Kaspar Hauser sowohl in deutscher als auch in polnischer Sprache eingearbeitet.