Der Nürnberger Stadtteil Wöhrd

Man kann davon ausgehen, dass die heutigen Bewohner des Stadtteils Wöhrd den Nürnbergern verziehen haben, was im Jahre 1552 geschah. Das war nämlich das Jahr, in welchem der Nürnberger Rat beschloss, den damaligen Vorort Wöhrd niederbrennen zu lassen. Falls dieser Vorfall doch zum aktuellen Thema werden würde, könnte vermutlich auch die Tatsache nicht weiterhelfen, dass nach Beendigung des Zweiten Markgrafenkrieges der Ort nur kurze Zeit später wieder aufgebaut wurde – sozusagen als Wiedergutmachung. Wöhrd wurde nämlich fortan als praktische Stätte für die Ausübung des Färberhandwerks betrachtet und damit hatte man dessen unansehnlichen Auswirkungen aus dem Stadtbild verbannt.

Mit oder gegen Nürnberg?

Vor der Brandschatzung konnte offensichtlich auch nicht die festungsähnliche Anordnung der Wohnhäuser schützen. Im 15. Jahrhundert waren die einzelnen Gebäude nämlich Wand an Wand eng aneinandergebaut, mit wenigen Fenstern, dafür mit mehr Schießscharten nach außen hin ausgestattet. Rundherum gab es sogar noch einen Graben, denn schon im Jahr 1388 hatten die Bewohner Wöhrds mit dem benachbarten Nürnberg schlechte Erfahrungen gemacht. Diese erste Zerstörung sollte sich nicht mehr wiederholen, aber wie die Geschichtsbücher zu berichten wissen, kam es anders. Die bereits vorhandenen Mühlen und die florierenden Geschäfte der ansässigen Färber lockten eben nicht nur Freunde und Gönner an. Zuerst wurde Wöhrd samt ihrer Kapelle aufgekauft und danach niedergebrannt – man wusste in der Politik eben schon damals, wie man sich Konkurrenz vom Hals schafft, wobei sich im Laufe der Jahrhunderte die Methoden zum Glück gewandelt haben.

Als Glück kann es letztlich dann auch für Wöhrd bezeichnet werden, dass es während des Dreißigjährigen Krieges bereits unter dem schützenden Dach Nürnbergs sein konnte und so gehörte es zu den wenigen Orten, die zumindest von diesem Krieg und seinen Zerstörungen kaum etwas mitbekamen. Später – genauer im Jahr 1796 – übernahmen die Preußen das Ruder, was dem kleinen Ort für wenige Jahre ein hohes Amt einbrachte. Bis 1806 durfte sich Wöhrd nämlich als der Ort fühlen, der das Justiz- und Kammeramt beherbergte. Das Königreich Bayern war als Nachfolger der Preußenherrschaft damit befasst, eine gemeindliche Umstrukturierung seines Herrschaftsgebietes zu vollziehen und so kam Wöhrd 1818 im Rahmen der Eingemeindung zu Nürnberg.

Vom Arbeiterviertel zum Naherholungsgebiet

Während die Oberen sich um politische Dinge kümmerten, dachten die Handwerker in Wöhrd eher praktisch und lebensnah. Sie beschäftigten sich damit, ihren Alltag und ihr Überleben zu sichern. Da es sich um fleißige Leute handelte, gab es auch im 19. Jahrhundert Bestrebungen, die Herstellung von Stoffen und das Färben von Textilien solide auszubauen. So entstanden schon 1809 und 1820 große und bedeutende Unternehmen, in welchen Stoffe hergestellt und gefärbt wurden. Die Tuchfabrik Lobenhofer bestand mehrere Jahrzehnte, bis sie 1876 dem Bau eines Wasserwerks Platz machte.

In der jüngeren Vergangenheit wurde Wöhrd erneut zerstört, dieses Mal ohne das Zutun der Nürnberger. Diese erschienen vielmehr als Retter, denn sie waren nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Wiederaufbau befasst, welcher letztlich das heutige Bild des Stadtteils prägt. Zunächst hielten sich die Architekten an die alten Baupläne und stellten das Wöhrd wieder her, wie es vor dem Krieg war. Es sollte eine Wohnsiedlung für Arbeiter werden, aber als in den Siebzigerjahren der Wöhrder See entstand, mauserte sich die einstige Arbeitersiedlung zum Ort mitten im Naherholungsgebiet.

Der Wöhrder See ist voll mit Wasser aus der Pegnitz, denn diese wurde extra für den Zweck aufgestaut, einen künstlichen See zu schaffen. Über 2,6 km erstreckt sich die 50 Hektar große Wasserfläche, umrahmt von Wegen für Spaziergängern und Radfahrern. Wer sich lieber auf dem Wasser bewegt, anstatt um den See herum zu laufen, zu joggen oder zu radeln, kann den Wöhrder See auch mit dem Tretboot befahren. Sogar Angeln kann man, wobei keine Garantie für einen guten Fang gegeben werden kann. Wöhrd hat mit dem Wöhrder See eine Attraktion erhalten, die den Stadtteil in vielerlei Hinsicht aufwertet. Dennoch kann der hübsche Stadtteil mit noch weiteren Sehenswürdigkeiten aufwarten. Dazu zählt die St. Bartholomäus Kirche, die schon 1557 erbaut wurde. Der Apollotempel im Cramer-Klett-Park ist ebenfalls als sehenswert zu nennen. Es handelt sich dabei nicht um einen griechischen Kultort, sondern um einen Gartenpavillon im klassizistischen Stil.

Die eigentlichen Stars unter den Sehenswürdigkeiten in Wöhrd sind aber die kleinen Fachwerkhäuschen am Rahm, die ihren Reiz mit wenig Glamour, dafür aber mit einem Charme ausspielen, von dem auch Nürnberg profitiert.