Die Bärenschanze, Nürnberg

Inmitten der Nürnberger Stadtteile Sandberg, Himpfelshof, Gostenhof, Sündersbühl und Eberhardshof liegt direkt an der Fürther Straße der Bezirk Bärenschanze.

Bereits im Jahre 1632, also im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges, wurde unter schwedischer Anleitung um Nürnberg ein Erdwallsystem, das sogenannte Retranchement, zur Verteidigung gegen die anrückenden Truppen, u. a. des Feldherrn Wallenstein errichtet. Zur Verstärkung dieser Befestigungsanlagen ließ Gustav Adolf im Westen zusätzliche Schanzen, nämlich die Stern- oder Jakobsschanze und die Bärenschanze in Gostenhof errichten.

Die Bärenschanze bestand als Befestigungsanlage in Form einer sternförmigen Artilleriebastion bis ins Jahr 1820 und diente im Laufe der Jahre vielen Funktionen. So waren die Kasernenanlagen von 1832 bis 1919 Standort des Königlich Bayerischen Cheveaulegers-Regiments, also der leichten berittenen Kavallerie. Die hier stationierten Soldaten waren für die umliegenden Stadtviertel, in denen sie meist mit ihren Familien lebten, ein erheblicher Wirtschaftsfaktor.

Nachdem die französische Bezeichnung Cheveaulegers dem Volksmund nicht leicht über die Lippen ging, entwickelte sich daraus der Begriff Schwolongschers, Schwollischee oder kurz Schwolli für die beritten Soldaten.

Die Kasernenanlagen dienten aber auch während der als Koalitionskriege bezeichneten kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und seinen europäischen Rivalen von 1792 bis 1815 den französischen Soldaten als Lazarett.

Für den Unterhalt der Kasernen war das Kriegsamt zuständig, das allerdings 1798 aufgelöst wurde und in das Polizeidepartement überging. Von 1665 bis ins 19. Jahrhundert waren in den Schanzen, also auch in der Bärenschanze, sogenannte Kotumazgärten untergebracht. Hierbei handelte es sich um Unterbringungsmöglichkeiten für Menschen und Güter bei Seuchen und Epidemien, die der Nürnberger Rat 1665 erstmals nach italienischem Vorbild einrichtete.

Die Bärenschanz heute

Von den einstigen Verteidigungsanlagen, den Schanzanlagen  blieb im Lauf der Jahre nicht sehr viel übrig. So ist heute nur noch das Kommandaturhaus von 1721 in der Bärenschanzstraße 8 b zu sehen. Das zweigeschossige Haus stand früher genau in der Mitte der sternförmigen Artilleriebastion und gehört heute zum Zentrum Bayern Familie und Soziales.

Im Gebiet zwischen der heutigen Roon- und Bleichstraße wurden die früheren Kasernenanlagen komplett durch den Büro- und Wohnbereich „Bärenschanze“ ersetzt. Hier sind heute die Pharmafirma Novartis und die Evangelische Hochschule Nürnberg ansässig. Im westlichen Teil ist hier noch das mehrgeschossige Kavalleriegebäude Bärenschanzstraße 8 a erhalten, wo früher die Pferde mit ihren Reitern untergebracht waren. Heute ist in der ehemaligen Reithalle eine Wohnanlage im Loftcharakter entstanden. Leider erinnern in dem 2009 neu errichteten Wohnbauprojekt „Cavallestro“ nur noch zwei Pferdekopfmedaillons an der Südfassade an die Epoche der bayerischen Reitersoldaten.

Auch an der Kreuzung Bärenschanz-/Willstraße ist auf dem Gelände der einstigen Kulturfeldkaserne eine große Anlage mit Wohn und Gewerbeansiedlung entstanden. Dieses Gelände wurde in frühen Jahren von der berittenen Landespolizei und später von der Wehrmacht als Kasernenanlage genutzt.

Nachdem die schweren Bombenschäden des 2. Weltkrieges beseitigt waren, waren im Laufe der Jahre auf dem ausgedehnten Gelände auch ein Sanitärgroßhandel, ein Möbelgeschäft, ein Elektrohandel, ein Fahrradgeschäft, ein Reifenhandel, ein Getränkemark, eine Schule der „Englischen Fräulein“ sowie auch die Johanniterunfallhilfe ansässig.

Direkt hinter diesem großen Gelände befindet sich der alte jüdische Friedhof, der von 1864 bis 1910 den verstorbenen Nürnberger Juden als Begräbnisstätte diente. Die Begräbnisstätte ist heute leider für die breite Öffentlichkeit nur zu besonderen Anlässen zugänglich.

Daran anschließend findet sich ein altes Backsteinhaus, der ehemalige Verwaltungssitz der Lederer-Bräu. Die Lederer-Bräu war ursprünglich in der Altstadt ansässig, musste aber 1881 aus Platzgründen an die Bärenschanze ausweichen und war dort bis zu ihrem Übergang 1972 in den Schickedanzkonzern als Familienunternehmen tätig. Zeitweilig verschwand die Marke Lederer dann vollkommen vom Markt wurde aber wiederentdeckt und seit 1995 wird an der Bärenschanze sogar wieder Lederer Bier gebraut.

Im Nordwesten des Bezirkes Bärenschanze liegt ein Bauwerk aus dem Jahr 1916 das später traurige Berühmtheit erreicht hat, der Justizpalast. Der Justizpalast wurde mitten im ersten Weltkriege vom bayerischen König Ludwig III eingeweiht, konnte jedoch nicht für seine eigentliche Bestimmung als Justizverwaltung genutzt werden, sondern musste vorerst als Militärkrankenhaus dienen. Die Justizverwaltung bezog den Monumentalbau, der seit damals den bis heute gebräuchlichen Namen Justizpalast trägt dann erst im Jahre 1922.

Die Siegermächte des 2. Weltkrieges hielten im Nürnberger Justizpalast die Kriegsverbrecherprozesse ab. Die Dauerausstellung „Memorian Nürnberger Prozesse“ sowie der berühmte „Saal 600“ mahnen der Gerichtsverfahren gegen die verantwortlichen Kriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof.

Die Rückgabe an die Justizverwaltung erfolgte nach und nach in den 1960er Jahren. Heute sind im  Justizpalast das Landgerichts Nürnberg-Fürth, das Oberlandesgerichts, das Amtsgerichts und die Staatsanwaltschaft Nürnberg untergebracht.

Jetzt umfasst die Bezeichnung Bärenschanze den Statistischen Bezirk 22 mit ca. 10.000 Einwohnern.

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