Nürnberger Trichter und Pegnesischer Blumenorden

„Erst dumm und blöde, jetzt klug wie Goethe. Das hat vollbracht des Trichters Macht.“ Dieser Spruch kann auf einigen Postkarten gelesen werden, die in Nürnberg verkauft werden. Dabei wird oftmals ein Bild gezeigt, auf dem ein Professor einem kleinen Schüler das Wissen mit einem Trichter – dem Nürnberger Trichter – einzugeben scheint. Der Nürnberger Trichter kann aber auch in den unterschiedlichsten Varianten in Miniaturform als Andenken mit nach Hause genommen werden, damit sich die Gäste der Frankenmetropole an ihren Besuch in Nürnberg erinnern. Sicherlich stellt der Nürnberger Trichter alles andere als eine einfache Form der Didaktik dar und hat gar manchem Nicht-Nürnberger zum Spott verleitet. Die Geschichte des Nürnberger Trichters reicht allerdings bis in das 17. Jahrhundert zurück.

Philipp Harsdörffer

Nach dem Dreißigjährigen Krieg hatte es in den größeren Städten Deutschlands überall Gesellschaften gegeben, die sich mit friedlicheren Dingen als mit Kämpfen und Waffen beschäftigen wollten. Die Mitglieder jener Vereinigungen zog es in die Natur hinaus, die sich dort über Kunst und Wissenschaft unterhielten und dichteten. Auch in Nürnberg hatte sich eine solche Gesellschaft gebildet, welche sich „Pegnesischer Blumenorden“ nannte. Teilweise nannte sich die Gesellschaft auch „Pegnitzschäfer“. Der Pegnesische Blumenorden wurde von Philipp Harsdörffer und Sigismund von Birken angeführt und hatte zum Ziel, die deutsche Dichtkunst und Sprache zu pflegen.

Damals hatten die Mitglieder des Pegnesischen Blumenordens bereits genug davon, dass die Sprache von lateinischen und griechischen Fremdwörtern angeführt wurde. Damit die eigene deutsche Sprache wieder mehr in den Vordergrund trat, wurden vor allem von Philipp Harsdörffer viele Fremdwortverdeutschungen geschaffen. Beispielsweise wurde die Universität Hochschule, der Autor Verfasser genannt, man sagte statt Korrespondenz Briefwechsel und statt Orthographie Rechtschreibung.

Wie man es damals bereits von den Nürnberger Meistersingern kannte, hatte Harsdörffer neben der künstlerischen Tätigkeit auch etwas Lehrhaftes und Schulmeisterliches an sich. Daher versuchte er, die Dichtkunst nach einem Patentrezept weiterzugeben. Er schrieb deshalb gegen Ende des Dreißigjährigen Kriegs ein Poetiklehrbuch mit dem Titel „Poetischer Trichter“. Als Untertitel trug das Buch den Titel „Die Teutsche Dicht- und Reimkunst ohne Behuf der lateinischen Sprache in VI Stunden einzugießen“.

Das Werk von Philipp Harsdörffer (lebte von 1607 bis 1658) wurde schnell weit verbreitet. Schon bald entstand durch dieses populäre Buch der Ausdruck „Nürnberger Trichter“, welcher sich schnell zu einer gängigen Redewendung etablierte.

Ursprung des Wortes Trichter

Das heutige Wort „Trichter“ hat höchstwahrscheinlich seinen Ursprung bei den römischen Weinbauern. Damals verwendeten diese noch einen Umschütter, welcher trajectorium bezeichnet wurde. Über einen langen Zeitraum sprach man später von einem „trechter“ oder „trachter“. Man geht davon aus, dass das „e“ bzw. „a“ in diesem Wort in Nürnberg durch ein „i“ ersetzt wurde. Dies deshalb, weil Nürnberg damals eine führende Rolle in der Metall- und Haushaltswarenherstellung einnahm. Seit dem Jahr 1442 kann das Wort „triechter“ nachvollzogen werden, was heute der „Trichter“ ist.

Leider kann sich kein Schüler das Wissen mittels des Nürnberger Trichters sprichwörtlich eintrichtern lassen. Aber als Andenken wird es noch heute gerne in den Nürnberger Souvenirläden gekauft und von den Besuchern als Erinnerung an den Nürnberg-Besuch mitgenommen. Der Nürnberger Trichter hat sich damit zu einem bekannten Symbol der heutigen Metropolstadt Frankens entwickelt.

Karnevalsverein „Nürnberger Trichter“

Seit 1969 gibt es in Nürnberg eine Karnevalsgesellschaft, die sich „Nürnberger Trichter“ nennt. Die Karnevalsgesellschaft verleiht jährlich den Nürnberger Trichter an Personen, die als humorvoll gelten.

Autor: Klaus Meininger

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