Das Nassauer Haus in Nürnberg
Am Eingang der Nürnberger Karolinenstraße gegenüber der Lorenzkirche steht das Nassauer Haus. Das Eckhaus fügt sich gut in das Bild der umliegenden Häuser ein. Doch es fällt auf, dass dieses Haus einen turmähnlichen Charakter hat. Beachtet man zudem, dass das Haus bereits im 13. Jahrhundert erbaut wurde, mag der geschichtsträchtige Betrachter etwas verwundert sein, dass dieses Haus aus Stein gebaut wurde. Zu der damaligen Zeit wurden die Bürgerhäuser in Nürnberg nämlich durchwegs als Fachwerkbauten errichtet. Nur die Kirchen oder die Burgen wurden als Steinbauten errichtet. Ein Wohnhaus aus Stein wäre finanziell unerschwinglich gewesen.
Erbaut von Kaufleuten
Die Bauweise des Nassauer Hauses ist auf die Kaufleute des Mittelalters zurückzuführen. Diese Kaufleute lebten in den oberitalienischen Städten Mailand, Florenz, Bologna, Pisa, Padua und San Gimignano und verfügten über ein bedeutendes Vermögen. Dies brachte ihnen auch viele Feinde, vor denen es galt, das Vermögen zu schützen. Da die Stadtmauern selbst nur unzureichend Schutz boten, wurden turmartige Privatwohnungen, wenn nicht sogar ganze Wohntürme errichtet. Die Baugewohnheiten kamen mit weiteren kaufmännischen Gewohnheiten über die Alpen bis nach Deutschland und fanden hier Nachahmer.
Während in Regensburg oder Passau heute noch mehrere solcher turmartigen Wohnbauten zu sehen sind, ist in Nürnberg nur noch das Nassauer Haus geblieben.
Der Wappenschmuck
Auffallend am Nassauer Haus ist der Wappenschmuck unterhalb des Daches. Wappenschmuck stammt aus dem 15. Jahrhundert und stellt neben den Bildern der Stadtheiligen auch die Wappen eines Papstes, eines Königs und der sieben Kurfürsten dar. Dies ist etwas ganz Besonderes, da sich dies im 15. Jahrhundert eigentlich niemand leisten konnte.
Der Patrizier Ortlieb, der damalige Besitzer des Nassauer Hauses, hatte hervorragende Beziehungen zu den Großen jener Zeit. Kaiser Sigismund soll dem Patrizier Ortlieb im Jahr 1431 sogar als Pfand seine Krone überlassen haben, als er in Geldnot war.
Der Name „Nassauer Haus“
Eigentlich müsste das Nassauer Haus „Schlüsselfelder Haus“ heißen. Das Haus hat seit seiner Erbauung verschiedenen Patrizierfamilien gehört, zuletzt allerdings den Schlüsselfeldern. Dies zeigt sich an deren Wappen, welches unter dem Steinchörlein an der Ostseite angebracht ist. Das Wappen enthält drei Schlüssel. Das Steinchörlein zählt zu den schönsten und ältesten Steinerkern von ganz Nürnberg.
Das Nassauer Haus wurde – fälschlicherweise – mit dem Geschlecht der Nassauer in Verbindung gebracht, schon alleine weil die Kunde um das Haus von den Beziehungen zum Kaiser in der Sage fortleben sollte. Doch der Graf, der im 13. Jahrhundert König war bzw. sein Geschlecht, hat mit dem Nassauer Haus rein gar nichts zu tun.
Zwar hatten die Nassauer einmal Besitzungen in der Nähe der Lorenzkirche, doch es ist erwiesen, dass das Nassauer Haus definitiv nicht dazu gehörte. Die Nürnberger sind allerdings bis heute nicht dazu bereit, dem Nassauer Haus den korrekten Namen zu geben. Und so heißt das turmartige Haus gegenüber der Nürnberger Lorenzkirche nicht Schlüsselfelder Haus sondern Nassauer Haus.